Liebe Nachbarn und Mieter im Arnimviertel,
diese Woche wurden in der Arnimstraße Baumpflegearbeiten für den 16. bis 19. Januar angekündigt. Diese Ankündigung habe ich zum Anlass genommen, endlich einmal das Bezirksamt Altona zu kontaktieren, um die zuständigen Behördenvertreter zu einem Ortstermin einzuladen.
Mein Ziel war, auf die massive Verschattung der Nordseite der Arnimstraße (Häuser 1, 3, 5, 7) in den Monaten April bis Oktober aufmerksam zu machen, die vor allem durch Bäume auf öffentlichem Grund bedingt ist, und die Möglichkeiten für eine Verbesserung der Situation auszuloten.
Mir ist bewusst, das dieses Problem nicht alle Mieter im Viertel gleichermaßen betrifft, so dass die Beurteilungen der Notwendigkeit für größere Baumpflegemaßnahmen in der Arnimstraße sicher auseinander gehen werden. Doch ich weiß aus Gesprächen mit betroffenen Nachbarn auch, dass ich nicht allein mit der Einschätzung bin, dass die Verschattung in so mancher Wohnung das erträgliche Maß deutlich überschreitet.
Bei uns (Erdgeschoss) ist die Situation so, dass in die süd(!)seitig gelegenen Zimmer – Wohn, Ess- und Schlafzimmer – in den Sommermonaten nur ein trübes Dämmerlicht dringt. Von April bis Oktober sind die Räume daher auch tagsüber ohne elektrische Beleuchtung kaum zu nutzen.
Um es gleich vorweg zu sagen: Ich mag die Allee in der Arnimstraße genauso wie Sie. Und ich möchte nicht, dass auch nur ein Baum auf öffentlichem Grund gefällt wird. Mir geht es lediglich darum, dass die Bäume spürbar ausgelichtet werden, damit endlich mehr Licht in unsere Wohnung fällt.
Zuständigkeiten
Ich spreche daher zunächst mit Herr B., Leiter des Fachamts Management des öffentlichen Raumes im Bezirksamt Altona, der mich freundlich anhört, um mich dann an seinen Kollegen Herrn S. zu verweisen, Teamleiter der Baumkontrolleure im Fachamt, der im Bezirk Altona für alle Baume auf öffentlichem Grund verantwortlich ist.
Bevor wir uns verabschieden, gibt mir Herr B. noch die Grundhaltung des Amtes mit auf den Weg, die er mit seinen Kollegen teile: „Auf Grund von Verschattung wird kein Baum gefällt.“ In diesem Punkt bin ich mit ihm absolut einer Meinung!
Ich rufe also Herrn S. an, trage mein Anliegen vor und rege ein Treffen vor Ort an, um die Situation zu begutachten und mögliche Maßnahmen zu besprechen. Jetzt im Winter, wo die Bäume kahl sind, lässt sich ja leicht feststellen, welche Äste weg müssten.
Mein konkreter Vorschlag lautet, bei den fraglichen Bäumen alle Äste unterhalb der Höhe der Dachtraufe zu entfernen und die Kronen deutlich zu verschlanken, um mehr Licht in die Wohnungen der betroffenen Häuser zu lassen. Beispiele für einen solchen Beschnitt lassen sich in unserem Viertel leicht finden.
Herr S. ruft den lokalen Baumbestandsplan auf seinem Rechner auf und erklärt mir zunächst, dass die Mehrzahl der Bäume im Arnimviertel auf privatem Grund stehen (Zuständigkeit SAGA), dagegen stünden nur sehr wenige auf öffentlichem Grund (Zuständigkeit Bezirksamt Altona).
Beschneiden geht nicht
Nachdem ich klarstelle, dass es mir in diesem Gespräch ausschließlich um die „öffentlichen Bäume“ gehe, informiert mich Herr S., dass eine Beschneidung dieser Bäume, wie ich sie mir vorstelle, schon aus biologischen Gründen nicht zielführend und machbar ist.
Zum einen würden größere Einschnitte der Krone in der aktuellen Wachstumsperiode zum vermehrten Austreiben der Krone in den folgenden drei Wachstumsperioden führen, da es eine Korrelation zwischen Wurzelwerk und Krone gebe. Im Endeffekt würde sich die Situation dadurch verschlechtern. Zum anderen würden so massive Einschnitte, wie ich sie vorschlage, von älteren Bäumen nicht nachhaltig kompensiert werden können, so dass eine solche Maßnahme letztlich das Absterben des Baumes zur Folge hätte.
Ich frage nach, welcher Stellenwert der Lebensqualität der Anwohner im Vergleich zum Stadtgrün beigemessen wird und führe zur Verdeutlichung die Wohnsituation meiner Familie als Beispiel an. Dass die Bäume sterben, wenn man ein paar größere Äste wegnimmt, kann ich ehrlich gesagt nicht glauben. Und das vermehrte Austreiben ließe sich durch einen regelmäßigen Beschnitt doch leicht in den Griff kriegen.
Herr S. antwortet mit einem Hinweis darauf, wie nützlich Bäume für das Klima in unserer Siedlung sind, dass sie Sauerstoff produzieren, den Boden festhalten usw. Ich erwidere, dass die Bäume vor meiner Wohnung aber auch dafür sorgen, dass im Vorgarten nur Moos statt Rasen wächst, dass Hecken und Büsche eingehen, dass die Hauswand selbst im Sommer nicht völlig durchtrocknet und dass auf dem Dach ein Pflanzenteppich wuchert. Herr S. bescheinigt mir daraufhin, dass ich mich mit solchen Argumenten für jede ernsthafte Diskussion disqualifiziere…
Ich frage nach, welche Spielräume es etwa bei Gefahrensituationen gibt und führe als Beispiel Äste an, die auch ohne vorüberziehendes Sturmtief brechen (siehe letzter Blogeintrag), ja in Einzelfällen schon Totalschäden an Autos im Viertel zur Folge hatten (z.B. Gustav-Schwab-Straße).
Es folgt ein Vortrag über die natürliche Statik von Bäumen mit der Quintessenz, dass kein Baum seine Äste so breit ausladen lässt, dass sie abbrechen. Gefährdungen durch morsche Äste oder Bäume seien zudem durch die regelmäßige Kontrolle der Bäume im Bezirk abgewendet – zumindest was die „öffentlichen Bäume“ betrifft. Der Schwarze Peter liegt hier also bei der SAGA.
Fällen geht nicht
Um es noch einmal deutlich zu sagen, ich habe in diesem Gespräch mit keinem Wort gefordert, dass auch nur ein Baum gefällt werden soll. Dennoch wurde mir ja bereits im Vorfeld klar gemacht, dass auf Grund der Verschattung von Wohnräumen auf keinen Fall Bäume gefällt werden. Das scheint ein wunder Punkt zu sein…
Herr S. untermauert diese Aussage seines Vorgesetzten mit dem Hinweis, dass es politischer Wille – und damit letztlich der Wille der Hamburger Bevölkerung sei – Bäume auf öffentlichem Grund zu erhalten. Mein Hinweis, dass auch ich Teil der Bevölkerung dieser Stadt bin, wird mit der Empfehlung beantwortet, dass ich mich an die zuständigen politischen Stellen wenden soll.
Verpflanzen geht nicht
Zuletzt weist mich Herr S. noch auf die Tatsache hin, dass er Bäume dieses Alters auch nicht mehr verpflanzen kann. Da sei ich als Mensch deutlich mobiler, bemerkt er. Ich frage zurück, ob er mir damit empfiehlt, dass ich für meine Familie eine neue Bleibe suchen soll. Das habe er nicht gesagt, erwidert Herr S. Was er dann habe sagen wollen, insistiere ich. Das sei nur eine allgemeine Feststellung gewesen, beharrt er.
Im Übrigen sei ich der erste Anwohner aus dem Arnimviertel, der ein Problem mit der Verschattung der Arnimstraße durch Bäume auf öffentlichem Grund vorträgt. Ob es etwas ändern würde, wenn mehrere Anwohner dieses Problem vortragen würde, frage ich ihn. Dazu gibt Herr S. keinen weiteren Kommentar ab, so dass wir unser Gespräch an dieser Stelle freundlich beenden.
Geht wirklich nichts?
Nach dem oben geschilderten Gespräch frage ich mich nun, ob es wirklich keine Mittel und Wege gibt, um das Problem der Verschattung der Wohnungen in den Häuser 1, 3, 5 und 7 in der Arnimstraße zu lindern.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da wirklich nichts gehen soll, bin aber derzeit auch ratlos, was man machen kann. Vielleicht höre ich besser auf den Rat vom Amt und suche mir mit meiner Familie eine andere lichtere Wohnung.
Mit besten Grüßen aus der Arnimstraße 5,
Lars Hartkopf